Dirk Eilers
Projekt N.N.
Projektzeitraum Januar–Februar 2012
Das Projekt N.N. arbeitete mit dem Arbeitsansatz des „devised theatre“ – hierbei geht es in erster Linie darum durch Improvisation, Sammlung und Verdichtung der Impulse der Teilnehmenden die Grundlage eines Stückes /Performance zu erarbeiten. Im Mittelpunkt zur Entwicklung einer Performance / Collage steht somit die thematische Einbindung der Ideen der Schüler_innen. Aus den entwickelten Ideen der Schüler_innen bildeten sich einzelne Elemente die sich in der Performance verdichteten. Arbeitsweise ist hier die Zusammensetzung dieser Elemente als Collage. Diese Anordnungen wurden in verschiedenen Konstellationen erforscht, erprobt, verworfen und erneuert.
Ein weiterer thematischer Anknüpfungspunkt zur Entwicklung der Performance war die Ausstellung über das Projekt mit ihren einzelnen Residenzphasen. Anknüpfungen waren hier die „Relikte“ der vorhergehenden Residenzphasen. Die Performance sollte einen Übergang in die Ausstellung herstellen indem die Relikte performativ im Raum neu angeordnet wurden. Die Idee entwickelte sich aus dem gleichzeitigen Wunsch der Schüler_innen mit dem Thema Grusel und Geisterbahn zu arbeiten. Der Umgang mit “Relikten” lässt sich wieder finden in Walter Benjamins Auseinandersetzung mit Paul Klees Bild „Angelus Novus“.
Der Engel der Geschichte:
„Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber ein Sturm weht vom Paradiese her, der sich in seinen Flügeln verfangen hat und so stark ist, daß der Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser Sturm.“ (Walter Benjamin)
Bei der Residenzphase Raum N.N. wurden unterschiedliche Aspekte und Inhalte oft in Kleingruppen erarbeitet. Als Beispiele (Auswahl) kann man nennen:
– Auseinandersetzung mit Begriff „Raum“ – Entwicklung von Audio
– theatrale Forschung zu Fragen des Schulalltags
– Ein Element hier war auch der Wunsch nach dem Bau einer beweglichen Puppe.
In Modellen und Zeichnungen wurden erste Ideen entwickelt und Konstruktionen durchdacht. Nach den Phasen der Ideensammlung, des Erproben von Anordnungen erfolgte die Phase der verdichtenden Auswahl. Die erarbeiteten Impulse wurden auf hier auf Umsetzbarkeit innerhalb der Performance überprüft und dramatisiert. Text-, Bewegungs-, Tanz- und Musikelemente wurden im Raum in Beziehung gesetzt und die Rahmenhandlung der Performance wurde festgelegt. Das Projekt wurde durchgeführt mit einem Klassenverband. Die Schule arbeitet Jahrgangsübergreifend. Es waren Schüler_innen aus den Jahrgängen 4, 5, 6 beteiligt.
Auch in der Residenzphase 4 ging es um die Suche nach Raum X. In diesem Zusammenhang wurde deutlich das die Suche sich immer im sozialen Raum abspielt. Konkret bedeutet dies das wir uns zunächst auf die Suche nach einem Miteinander machen mussten bevor wir gemeinsam auf die Suche gehen konnten. Dies erforderte von uns eine ständige Neuorientierung und Feinjustierung.Auf der anderen Seite ging es auch darum Freiräume zu schaffen für diese Suche. Da ein Großteil des Miteinanders im Alltag passiert waren für uns auch die Fragen des Alltags Ausgangspunkt für theatraler Forschungsprozesse. Es ging darum das Gebäude und das Gelände der Schule nach persönlichen Maßstäben zu kartografieren. Wo fühle ich mich wohl, wo nicht? Welche Orte bieten Möglichkeiten, welche schränken diese einen? Was ist Raum, und was meine Räume? Welche Räume sind in ihrer Funktion vorgegeben und welche nicht? Was macht es mit mir Räume betreten zu müssen die ich nicht mag? All dies und noch viel mehr leitete uns durch die Zeit des Projektes. Ein weiterer Teil des Projektes bestand daraus dass die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit hatten Dinge einzubringen die ihnen wichtig waren. Nach diversen Sammlungen wurde klar das ein großes Interesse darin bestand die Ergebnisse unser Theatralenforschung nicht zurückhaltend und dezent sondern fordernd und actionsreich und mit Diskokugel zu präsentieren. Daraus ergab sich das wir gezielt mit Effekten gearbeitet haben um Brüche in die Abfolge der Performance einzuarbeiten. Ein weiterer Wunsch der Schüler_innen bestand darin die Zuschauer_innen möglichst mit einzubeziehen, daraus entstand die Idee ein Spiel in die Performance zu integrieren. All dies ergab am Ende eine Collagenartige Performance von 15 Minuten die mehr Fragen aufgeworfen hat als Fragen zu beantworten.